Jedes Jahr im zeitigen Frühling mehren sich in Wien die Indizien, dass ein besonderes Fest bevorsteht: wenn in den Blumengeschäften die Palmkätzchen und in den Supermärkten die Schokohasen dominieren und auf den Plätzen der Stadt, von denen vor noch gar nicht so langer Zeit die Weihnachtsmärkte verschwunden sind, exakt dieselben, vertrauten Hütten mit nur etwas variiertem Angebot auftauchen, dann weißt Du: Ostern mit all seinen Traditionen naht! Ein guter Grund für neugierige Stadtentdecker, mit Hilfe dieses AlpineFoxes-Beitrages auf Oster-Traditions-Spurensuche in der Karwoche durch Wien zu spazieren!
Ich beginne da gerne beim Stephansdom: Der Stephansdom war bis zum Jahr 1783 vom "Stephansfreithof" umgeben, dem größten Friedhof innerhalb der Stadtmauer. Die einzelnen Gräberfelder waren durch Wege voneinander getrennt und trugen spezielle Namen. Da gab es nördlich des Langhauses den Fürstenbühel, zur Schulerstraße hin den Studentenbühel und zur Churhausgasse den Römerbühel. Eine vierte kleine Grabstättengruppe befand sich auf einer Bodenerhebung gleich beim Nordturm des Doms.
Genau hier, am sogenannten „Palmbühel“, fand am Beginn der Karwoche jahrhundertelang die österliche Weihe der Palmzweige statt. Bis in die heutige Zeit werden am Palmsonntag die Palmkatzerl geweiht. Diese kirchliche Tradition hat sich erhalten, den Stephansfreithof allerdings gibt es schon lange nicht mehr. Doch wenn man um den Dom spaziert und aufmerksam den Boden betrachtet, sieht man auf den hellgrauen Bodenplatten stilisierte dunklere Kreuze, die an den alten Friedhof erinnern sollen.
Am Gründonnerstag feiern die christlichen Kirchen das letzte Abendmahl Jesu. Zum liturgischen Brauchtum gehört die Fußwaschung, die ab dem 17.Jahrhundert auch am Wiener Kaiserhof als höfische und ziemlich skurrile Zeremonie in der Karwoche ihren festen Platz hatte. Bedürftige Greise (heute würde man Senioren sagen) konnten sich um eine Annahme zur Fußwaschung bewerben. Die zwölf glücklichen Auserwählten wurden von einem Arzt untersucht und sozusagen vorsorglich vorgewaschen, bekamen neue Kleidung und wurden am Gründonnerstag nach der Messe in die Hofburg gebracht, wo der Kaiser ihnen dann die Füße wusch. In der Folge wurde eine symbolische Speisung (Spinat?) abgehalten und die Armen beschenkt. Analog zur Fußwaschung durch den Kaiser vollzog die Kaiserin das Ritual an zwölf bedürftigen Greisinnen. Die Namen der solchermaßen Geehrten wurden übrigens ebenso wie ihr Alter und auch die Summe aller ihrer gemeinsamen Lebensjahre ab 1703 alljährlich in der Wiener Zeitung veröffentlicht!
Du willst mehr über das spannende kaiserliche Fußwaschen erfahren? Dann musst Du dich in die Kaiserliche Silberkammer begeben! Dort wird das Ritual sehr ausführlich beschrieben, man sieht ein Beispiel einer Namensliste und auch das tönerne Geschirr, das extra für die Speisung angefertigt wurde. Da gehst Du bitte aber erst nach den Osterferien hin, denn jetzt ist das Museum einfach zu voll, obwohl die meisten Gäste ohnehin eher hinaufstreben in das Sisi-Museum. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich...
Alternativ bietet sich zum Thema Fußwaschen auch ein Besuch der wunderbaren Schatzkammer im Schweizerhof der Hofburg an: dort wird nämlich ein Stück der Schürze, die Jesus bei der Fußwaschung der Apostel trug, als Reliquie ausgestellt. Gleich neben einem Stückerl Stoff vom Tischtuch des Letzten Abendmahls. Das kann schon was und passt themenmäßig einfach perfekt!
Vom Gründonnerstagabend an bis zur Osternacht kann man als Spaziergänger übrigens um sämtliche Kirchen Wiens herumgehen, soviel man will, man wird trotzdem keine einzige Glocke hören. Die sind nämlich alle nach Rom geflogen, auch die Pummerin, die größte und berühmteste Glocke Österreichs. Dafür ist es dann umso schöner, sie bei einem ihrer raren Auftritte zu erleben! Am Stephansplatz zu stehen, wenn die Josephinische Glocke, auch bekannt als Pummerin läutet, ist ein unglaublich intensives Erlebnis! Die nächste Chance dafür gibt es in der Osternachtfeier am Karsamstag um ca 23:00 und am Ostersonntag ca. zwischen 11.50 und 12.10 Uhr.
Was kannst Du sonst noch in der Karwoche erleben? Besuch doch mal ein „Heiliges Grab“ (heißer Tip: Schau in die Jesuitenkirche!). Oder halte Ausschau nach einem Osterfeuer. Vielleicht hörst Du auch irgendwo den Lärm der Ratschen, die die Glocken für einige Tage ersetzen.
Zum Abschluss kann ich mir einen kleinen Hinweis nicht verkneifen: Nicht immer hat der Osterhase die Eier gebracht! Früher war‘s der Osterfuchs! Von einem zum österlichen Brauchtum gehörigen Osterfuchs berichtet nämlich die volkskundliche Literatur bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Irgendwann hat sich dann der Hase durchgesetzt. Dieser Streber!
Was meinst Du, sollen wir den Osterhasen wieder durch den Osterfuchs ersetzen? Und worüber willst Du als nächstes lesen? Schreib mir Deine Wünsche in die Kommentare!
Ich freue mich auf gemeinsame Entdeckungsreisen, zu Ostern und darüber hinaus. Und natürlich wünsche ich FROHE OSTERN!
Deine
Claudia von den AlpineFoxes
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